Männergesangverein Leiderkranz
Auf eine stolze 150-jährige
Geschichte blickt der Männergesangverein Liederkranz
1857 Iffezheim heute zurück. Fünfzehn Dekaden in denen
der Verein alle Höhen und Tiefen durchlebte, die ein
Vereinsleben mit sich bringen kann: die Observation
ob er die öffentliche Sicherheit und Wohl gefährde,
seine Auflösung und Wiedergründung, die Spaltung, die
Goldenen Zwanziger und seine Wiedervereinigung.
Obwohl bereits am 27. September
1856 eine Abordnung Iffezheimer Sänger zum Einzug des
frischvermählten Großherzogs Friedrich und seiner Großherzogin
Luise von Preußen in die Karlsruher Residenz ihre Stimmen
erhoben, galt schon immer das Jahr 1857 als das
Gründungsjahr des Männergesangvereins Iffezheim. Am
Sonntag, den 7. Juni 1957, machten sich neunzehn Sänger
um zwei Uhr früh auf den Weg zum Alten Schloß in Baden-Baden,
wo sich bereits um acht eine große Zuhörerschaft versammelt
hatte. Die Begeisterung war so groß, daß der Männerchor
bis um vier immer wieder zum Singen aufgefordert wurde.
Unter den hingerissenen Besuchern befand sich auch Generalleutnant
von Steinmetz, der dem Verein die erste Fahne stiftete,
die am 29. Mai 1859 geweiht wurde.
Treibende
Kraft hinter der Gründung eines Gesangvereins war der
seit 1853 in Iffezheim unterrichtende Hauptlehrer Josef
Speigler. Mit dem Loblied „Die Tonkunst, welche unter
den schönsten Künsten, die größte Gewalt über die Herzen
aller ausübt, bietet uns im Gesangunterricht das beste
Mittel religiöse Gefühle zu erwecken und mittelst derselben
auf unseren Willen zu wirken, demnach unseren Charakter
zu bilden und den Menschen zu veredeln.“ versuchte Speigler
die gegenüber Vereinigungen misstrauischen Behörden
von der Notwendigkeit eines Gesangvereins zu überzeugen.
Die offizielle Genehmigung wurde am 26. Oktober 1858
erteilt. Der junge „Gesangverein“ nahm unter anderem
1860 am „5. badischen Männergesangfest“ und 1864 am
„Mittelrheinischen Sängertag“ teil.
Da Josef Speigler in dem Gesangverein
einen „Ausbildungsbetrieb“ für den Kirchenchor ansah,
trat der Gesangverein auch mit einem gemischten Chor
auf und bildete Sänger und Sängerinnen aus. Dies führte
innerhalb des Vereines zu Spannungen, da die meisten
Vereinsmitglieder auf das starke Geschlecht setzten.
Der „Männergesangverein“ löste sich in der Folge 1869
auf. Speigler setzte die Arbeit mit dem gemischten Chor
fort und trat mit ihm noch 1870 beim Schülerfest in
der Geggenau auf.
Als Rechtsnachfolger gründete
sich 1876 der „Männergesangverein Iffezheim“ mit 24
Sängern und Christian Merkel an der Spitze neu. Der
erste Auftritt folgte am 12. November im Gasthaus Sonne.
Vaterländische und kirchliche Feiern, Gesangsabende,
Tanzkränzchen, Besuche bei Gesangvereinen der näheren
Umgebung, Ausflüge, Weihnachtsfeiern und Fastnachtsveranstaltungen
bestimmten im Wesentlichen das Vereinsleben.
1891 kam es zu sozialen und persönlichen
Spannungen unter den Vereinsmitgliedern, worauf hin
vornehmlich jüngere Sänger mit dem früheren Dirigenten
des Männergesangvereins Franz Brenner unter Vorstand
Josef Fritz am 8. Dezember 1891 den Gesangverein „Liederkranz“
gründeten. Der neue Verein wandte sich offensichtlich
an die männliche Dorfjugend und wurde der Verein der
Arbeiter und Bauern, während der „Männergesangverein“
vornehmlich Handwerksmeister und Honoratioren zu seinen
Mitgliedern zählte.
Fahnenweihe des Liederkranzes am 29.
Mai 1921
Schon am „Dreikönigstag"
1892 feierte der „Liederkranz" sein „erstes Tanzkränzchen
verbunden mit Christbaumverlosung". Im selben Jahr
war der erste Vereinsausflug auf die Yburg. Ferner wurden
die Fahnenweihen der Gesangvereine „Harmonie" Bühl
und „Apollonia" Rastatt besucht. Der „Liederkranz"
nahm von Jahr zu Jahr an aktiven und passiven Mitgliedern
zu. Es fehlte aber eine Fahne als Symbol. Darüber wird
folgendes berichtet: „Wir bestellten eine Fahne in Hannover.
Weil wir aber die Fahne kirchlich geweiht haben wollten,
mußten wir noch eine Schleife schicken lassen mit dem
Bild der heiligen Cäcilia. Die Fahne wurde am 9. Juli
1896 mit der Schleife am Bahnhof in Wintersdorf abgeholt
und wurde am 12. Juli in Rastatt auf der Post bezahlt.
Die Fahne mit 200.— Mark und die weiße Schleife mit
19.— Mark. Das grüne Band wurde uns von einer Freundin
aus Baden-Baden geschenkt." Als Vereinsfarben wählte
man, genau wie der Männergesangverein, die Farben weiß
und blau.
Schwiegen sich beide Vereine anfänglich
noch gegenseitig über sich aus, so entwickelte sich
doch bald ein fruchtbar konkurrierendes Miteinander.
Der erste gemeinsame Auftritt ist 1896 zum 25ten Priesterjubiläum
des Pfarrers Severin Ochs dokumentiert. Am neunten August
des gleichen Jahres feierte der Liederkranz seine erste
Fahnenweihe, an der auch der Männergesangverein mitwirkte.
Während des ersten Weltkrieges
ruhte der Vereinsbetrieb, jedoch bereits zwei Jahre
später berichten die Protokollbücher von einem normalen
Vereinsleben. In diese Zeit fallen auch die Stiftungsfeste
des Liederkranzes (30 Jahre) und des Männergesangvereine
(65 Jahre) die beide unter großer Beteiligung des jeweils
anderen Vereines gefeiert wurden. Bis Anfang der 1930
dauerte die Blütezeit des Männerchorgesanges, in der
beide Vereine mit je etwa 50 Sängern bei Sängerwettstreiten
zahlreiche Preise errangen, wie die elf dem Verein verbliebenen
Pokale eindrücklich belegen. Not und Inflation ließen
1932 die Feier des 75ten Stiftungsfestes des Männergesangvereines
nicht zu.
Der „Gleichschaltung der Länder“
unter der nationalsozialistischen Diktatur folgte auf
Anordnung des Sängerbundes auch die Gleichschaltung
in den Vereine, wie ein Protokollbuch vom 15.10.1933
berichtet. Die Mitglieder wählten nur noch den Vereinsführer,
welcher die übrigen Vorstandsmitglieder ernannte. Der
der Reichsmusikkammer unterstelle Deutsche Sängerbund
rief Wertungssingen ins Leben, an dem die Vereine nach
Aufforderung der NSDAP-Kreisleitung, welche auch das
Liedgut auswählte, teilnehmen mußten, galt es doch die
„Arbeit am deutschen Lied“ unter Beweis zu stellen.
Die Mehrzahl der Sänger distanzierte sich jedoch von
den Vorgaben der DSB-Funktionäre durch ihre geringe
Bereitschaft, die propagierten Ideale konsequent umzusetzen.
Aus Sicht der Sänger sollten Vereinsgeselligkeit, Freude
am Singen und Wettstreitkultur ihr Eigenrecht behalten.
Der Männergesangverein 1937
Bereits im Februar 1939 endeten
die Aufzeichnungen des „Liederkranzes“. Am 16. August
1939 hielt der Männergesangverein seine letzte Singstunde
ab. Seine Aufzeichnungen enden im Januar 1940 mit dem
Hinweis auf die Weihnachtsfeier am 25. Dezember 1939.
67 Sänger blieben auf den Schlachtfeldern
des Zweiten Weltkrieges. Nachdem Vereine zunächst von
der französischen Militärregierung verboten waren, erblühte
am 26. Mai 1946 neues Leben aus den Ruinen. Die beiden
Gesangvereine schlossen sich unter Federführung des
späteren Vorsitzenden und Bürgermeisters Franz-Xaver
Huber und dessen Vize Friedrich Schäfer zum „Männergesangverein-
Liederkranz 1857“ zusammen. Viele junge Sänger traten
bereits bei der Neugründung oder unmittelbar danach
in den Verein ein. Mit dem ihm eigenen Temperament und
musikalischem Können formierte der Dirigent Ernst Mußler
den neuen Chor, dessen erster öffentlicher Auftritt
des Chores am 26. Oktober 1947 mit einem Liederabend
in der Tribünenhalle der Rennbahn zugleich ein bescheidenes
90. Jubiläumsfest bildete.
Nach planvoller Aufbauarbeit gab
der Chor des Vereins am Ostermontag, 18. April
1949, in der Festhalle sein erstes Konzert. Kameradschaftsabende,
Weihnachtsfeiern mit Theaterspiel, Faschingsveranstaltungen
und Gartenfeste wurden wieder feste Bestandteile des
Vereinslebens.
Vom 12. bis 14. Mai 1951 nahm
der Verein am ersten Bundesliederfest in Karlsruhe teil.
Zu einem sehr großen Erfolg wurde das Wertungssingen
am 5. Juni 1955 anlässlich des 50. Jubiläumsfestes des
Gesangvereins "Edelweiß" Wintersdorf. Mit
den Chören "Abschied" von Friedrich Silcher
und "Sternengesang" von K. Wüst erzielte der
Verein die beste Tagesleistung mit der Note "sehr
gut – vorzüglich". Beim Kritiksingen im Rahmen
des 50jährigen Jubiläumsfestes des Volkschors "Liedesfreiheit"
am 3. Juni 1956 in Rastatt wurde der "Männergesangverein-Liederkranz"
in der Presse als einer der "besten des Tages"
bezeichnet. Die Chorstärke betrug damals 80 Sänger.
Der Männergesangverein-Liederkranz beim
Jubiläum 1957
Das bisher größte Fest in der
Vereinsgeschichte war das vom 1.bis 3. Juni 1957 gefeierte
100. Jubiläum. Neben den örtlichen Vereinen nahmen 38
Gesangvereine mit etwa 2500 Sängern am sonntäglichen
Festumzug teil.
Mit
Ende des Jubeljahres gaben der Vorsitzende Huber und
Dirigent Mußler ihre Ämter ab. Helmut Schäfer und Hauptlehrer
Hans Schmalz traten in ihre Fußstapfen. Auch wenn der
Verein unter Schmalz' musikalischer Leitung mit
den Singspielen "Des Bürgermeisters Töchterlein"
und "Liebe macht so jung" grandiose
Erfolge feiern konnte, ging die Zahl der Sänger Ende
der 60er auf Grund der sich rasch ändernden wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Strukturen, den vielen Möglichkeiten
anderweitiger Freizeitgestaltung stetig zurück.
Ein wahrer Jungbrunnen sprudelte
im Probelokal als von 1975 bis 1984 fünfzig Jungsänger
im Alter zwischen 16 und 25 Jahren dem Verein beitraten.
Heute selbst großteils Ehrenmitglieder bilden sie mit
einem Anteil von 50% das Rückrat des Chores. Mit dem
Ableben von Helmut Schäfer übernahm Bruno Walter 1979
die Leitung des Vereins. Ein weiterer Schicksalsschlag
ereilte den Verein ein Jahr später mit dem plötzlichen
Tod seines Dirigenten Hans Schmalz. Die musikalische
Leitung liegt seither in den Händen von Herbert Szymanski.
Mit Bravour meisterte die neue Vereinsführung zwei Jahre
später das 125-jährige Jubiläum, an dem 1100 Sänger
und Sängerinnen aus 24 Vereinen teilnahmen.
25 Jahre Herbert Szymanski
Seit 1988 steuern Karlheinz Schäfer
und sein Vize Hermann Gress das Vereinsschiff. In ihre
Ägide fiel 1989 der Umzug in das neue Probelokal im
Kindergarten St. Martin und 1997 die Feier zum 140-Jährigen,
die der Chor mit einem großartigen Konzert in Begleitung
des Ötigheimer Gitarrenorchesters eröffnete. Ihm schlossen
sich weitere musikalische Höhepunkte wie das Weihnachtskonzert
2001, das Frühlingskonzert 2002, das Kirchenkonzert
2004 an, ein Reigen, der 2005 mit dem Festkonzert zum
25-jährigen Dirigentenjubiläum von Herbert Szymanski
gekrönt wurde.
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