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22. Januar 2009

 

 

Neujahrsrede 2009. Eine Betrachtung.

 

Iffezheim müsse sich an der Ausrichtung der Internationalen Galopprennen Baden-Baden beteiligen, forderte Bürgermeister Peter Werler in seiner Neujahrsansprache und im BT-Interview. Der Verwaltungsleiter als Retter des Rennsports? Der himmelblaue Anzug mit rotem Cape und großem „S“ auf der Brust dürfte mächtig um die schmächtige Brust schlottern. Die Rettung der Rennen kann nicht aus dem iffezheimer Rathaus kommen, da unterliegt Peter Werler einer weiteren Selbstüberschätzung.

Die Probleme des teutschen Galoppsportes können nur an höherer Stelle gelöst werden. Dazu blicken wir weit, weit mehr als 150 Jahre zurück, in jene Zeit als der Bastard aus edlen Arabern und englischen Landpomeranzen, genannt „Englisches Vollblut“ begann das Interesse der Fürsten, Barone und Grafen zu wecken. Hatten sie endlich einen gesellschaftlich akzeptierten Weg gefunden, ihren Kampf um die Plätze in der Rangliste auszutragen, ohne wie weiland sich gegenseitig die Burgen anzünden oder in späterer Zeit sich gemäß der Etiquette auf Turnieren die Schädel spalten zu müssen.

Da sie zu jener Zeit die herrschende Klasse bildeten, wurde die Zucht der  im landwirtschaftlichen Alltag untauglichen und auch sonst vollkommen unbrauchbaren, modernen Schlachtrösser flugs zum Staatsziel erkoren, was spürbare Abgaben technische Erleichterungen nach sich zog. Rennvereine und Privatpersonen errichteten formidable Arenen damit sich die staatstragenden Schichten an dem nun unblutigen Hauen und Stechen ergötzen konnten.

Als sich dann am Horizonte abzeichnete, daß die Einsätze (sprich Nenngelder) und gestifteten Preise und Pokale nicht ausreichen würden, um die Wettkämpfe derer von und zu weiterhin in gewohnter Exklusivität und Pracht abzuhalten, wurde den Veranstaltern kurzerhand unter Umgehung des  in calvinistischer Strenge formulierten allgemeinen Glückspielverbotes erlaubt, Wetten auf den Ausgang der Rennen anzunehmen und mit deren Ertrag  das staatserhaltende Kräftemessen ohne ohrenbetäubenden Schlachtenlärm  zu beflügeln.

Fürderhin lief denn auch alles prächtig und gut, wenn auch mal hier und da manch Fenster und Küchen bauender Parvenu sich erdreistete, in den Kreis der Erlauchtigkeiten vordringen zu wollen. Ausgenommen wie eine Weihnachtsgans, verging ihm darob die Lust auf die höheren Weihen.

Alles lief gut, bis das Netz der Netze in seiner subversiven Anarchie die Wohnzimmer der militanten Wetter okkupierte und findig-windige Geschäftsleute unter dem Schutze der Steuergesetzgebung abholder Inseln Rund um die Uhr Wettmöglichkeiten anboten und die Sesselforzer der Notwendigkeit enthoben, ihren Hintern den Unbilden einer wettergepeitschten Rennbahn aussetzen zu müssen. Und dies alles außerhalb der rechtlichen Gegebenheiten dieses unseres Landes, welches die Gunst des Anbietens von Pferdewetten den Rennvereinen vorbehält, welchen angesichts des Wettabflusses das Wasser mittlerweile mindestens bis zum Halse steht.

Und genau hier beginnt sich nun die Gretchenfrage aus der Ursuppe zu bilden, deren Formulierung seitens des Clubs an die hohe Politik ich seit Jahren vermisse: Wird die Züchtung einer eigentlich  vollkommen überflüssigen Pferderasse auch weiterhin als Staatsziel gesehen?

Wird dies verneint, so bedeutet dies das Aus für die Galopprennen in Deutschland, denn ohne den exklusiven Status des Staatsziel fehlt jegliche rechtliche Begründung für das Privileg der Pferdewetten und somit das – wenn auch derzeit teil amputierte – Standbein. Da kann auch der iffezheimer Bürgermeister in einem noch so blauem Dress mehr was richten.

Wird bekräftigt, daß die Zucht des Englischen Vollblutes weiterhin hehres Staatsziel verbleibt, so ist es denn Aufgabe der hohen Herrn, den bestehenden rechtlichen Vorgaben zur Durchführung der Zuchtprüfungen Geltung zu verschaffen und massiv gegen illegale Rennwetten in Inland und Internet vorzugehen. Wiederum etwas, das sich weit oberhalb der Kompetenzen des iffezheimer Rathauses abspielt.

Was also reitet den iffezheimer Rathauschef den Sattel auf den weißen Schimmel zu werfen und und den dörflichen Rettungsschirm aufspannen zu wollen? Sich weiterhin im Spiegel des überregionalen, ja internationalen Blätterwaldes zu sonnen? Sich im letzten Amtsjahr gut zu positionieren um im kommenden Wahlkampf in strahlender Rüstung als Retter der Rennen dazustehen?

Warum sonst sollte sich die Gemeinde ins Abenteuer Pferderennen stürzen? Weil im Rathaus die Erkenntnis reifte, daß die Verantwortlichen im Club mit dem Abhalten der Rennen intellektuell und organisatorisch vollkommen überfordert sind? Weil der Club Personal abbauen will oder muß und dessen Aktivitäten dann von der Gemeinde übernommen werden sollen?

Egal, welche Beweggründe zu der verquasten Überlegung führten, die Gemeinde kann und darf sich am Risiko der Rennausrichtung nicht beteiligen. Mit gehangen, mit gefangen wird die Gemeinde bei einer Beteiligung am Betrieb der Rennbahn aus einem finanziellen Desaster nicht ungeschoren davonkommen. Und die finanziellen Abgründe sind tief, wie wir derzeit vor Augen geführt bekommen.

Fehlt es dem derzeitigen Betreiber an der Kompetenz zum Betrieb einer Rennbahn, so muß man diesen davonscheiden lassen und einen befähigten Nachfolger installieren. Und dieser kann nicht Gemeinde Iffezheim heißen. Hockenheim in Iffezheim ist das Allerletzte, was wir brauchen.

Wodurch hat sich die Gemeinde denn ausgezeichnet, was sie zum Organisator einer Massenveranstaltung prädestiniere? Die Kleinkunstreihe, die sich durch äußerst ausgedünnte Ränge auszeichnet? Die triumphal-spektakuläre Rheinquerung anläßlich der Tour de France, die weltweit niemand zu Gesichte bekam, weil statt dessen das Gesamtkunstwerk der Radfreunde Iffezheim über die Millionen Bildschirme flimmerte?

Wären da noch die unbezahlbaren Schulden des Internationalen Clubs, die allen Kritikern recht geben, die den Bau der Bénazet-Tribüne als überspannt kritisierten. Aktuell scheint der Club nicht mehr in der Lage zu sein, weder seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Banken und sonstigen Geldgebern noch den Forderungen aus den gestundeten Pachtzahlungen an die Gemeinde nachzukommen. Der aktuelle Liquiditäzsengpass könne nur durch einen weitgehenden Forderungsverzicht beendet werden, so die Club-Spitze. Im Falle einer Insolvenz des Clubs wird die Gemeinde wohl auf ihrer gestundeten Pacht sitzenbleiben, so daß ein Forderunsgverzicht im Haushaltswerk kaum sichtbaren Spuren hinterlassen wird. Alle weiteren finanziellen Zugeständnisse sind jedoch von dem noch ausstehenden Business-Plan des Clubs abhängig, dessen Grundlage jedoch nur die oben angemahnte, längst überfällige politische Entscheidung über die Weiterführung der Zuchtprüfungen des Englischen Vollblutes als Staatsziel und die konsequente Umsetzung dieser Entscheidung sein kann.

Wäre da noch die Rennbahnbewirtung durch die Vereine. Rechnen wir doch mal nach, was die Gemeinde in den letzten drei Jahrzehnten in die Rennen investierte. Bürgermeister a.D. Otto Himpel berichtete einst, daß in seiner Amtszeit 20 Millionen Mark in Infrastrukturmaßnahmen in und um die Rennbahn investiert wurden. In die Amtszeit seines Nachfolgers fallen der Baukostenzuschuss für die Bénazet-Tribüne, die gestundeten und erlassen Pachten und die Verluste aus dem Parkplatz an der Rennbahn. Über die Jahre dürften dies niedrig angesetzt 300 000 € jährlich ausmachen, die von der Gemeinde in die Rennen geflossen sind. Und der Ertrag?

Wäre da noch die Region, für die es laut Bürgermeister gelte, die Rennen zu erhalten. Von den 20 Millionen durch die Rennen erzielte Wertschöpfung verbleiben nicht mal Peanuts, sondern lediglich deren Schalen in Iffezheim. Wo ist der Beitrag zum Erhalt der Rennen von denen jenen, die sich an den geschöpften 20 Millionen jährlich laben?

 
Euer Kommentar an Matthias
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