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Zwei Erzkomödianten zum 40ten
Unter dem Motto „Lachen ist gesund“
feierte der Ortsverband Iffezheim des Deutschen Roten
Kreuzes seinen vierzigsten Geburtstag. Mit Harald Hurst,
dem „König der Babbler“ und Gunzi Heil, „dem Traum
aller Kleinkunstbühnen“ hatte der Ortsverband ein Duo
verpflichtet, das in punkto Heilerfolge seines gleichen
sucht.
Der DRK-Vorsitzende Harald Kraft
hatte in seiner Begrüßung nicht übertrieben, als er
die gesundheitsfördernde Wirkung der beiden Protagonisten
hervorhob, wobei Gunzi Heil für die offensiven Angriffe
auf das Zwerchfell verantwortlich war, während bei Harald
Hurst die Attacken heimlicher, mitten aus dem menschelnden
Alltagsgeschehen heraus kamen. So bei seinen Betrachtungen
aus dem Biergarten, in dem wie immer der Nachbartisch,
obwohl später besetzt, zuerst bedient wird, die Kellnerin
den Bestellwunsch kategorisch ignoriert bis endlich
nach zwei Stunden der ausgedörrte Körper sich auf einen
hüpfenden Adamsapfel reduziert hat und einzig aus der
Schluckbewegung zu bestehen scheint. Oder in seiner
Geschichte vom „An d'Luft gehe“, bei der jeder im ausverkauften
Saal zustimmte, daß es um halb Drei fast schon zu spät
ist zum Fortgehe ist, um Freunde überfallen, die dann,
wenn die Suche in der unpassenden Frühjahrsgarderobe
mal wieder etwas länger dauert, hinterrücks in
Form ihres pubertär pickligen Filiusses über die Terrasse
ins traute Heim einfallen und die Frage ob „gmiedlich
mache“ oder an „d'Luft gehe“ beantwortet ist.
Aschblond, baumlang und spindeldürr,
ist Gunzi Heil bei Leibe kein Leichtgewicht auf der
Bühne, vereinigt er auf einem „Strich in der Landschaft“
Musikus, Parodist, Imitator, Puppenspieler, Märchenerzähler,
Interpret und, und, und... Bertold Brechts Erinnerungen
an seine Mitschülerin Marie Rose Aman aus Pflaumenbaum,
Septembermond und Wolke als Sommerlied mal von Peter
Maffay, Reinhard May, den Flippers oder Hans Hartz geklaut
und verbogen überzeugte die Zuhörer vom außergewöhnlichen
Talent des lang-dürren Blonden. Seine 100 Sekunden Märchen,
„Rotkäppchen“ als „heißem Feger“ und „Frau
Holle“ in der Zugabe, aufpoliert („Es war einmal ein
Mädel, die trug eine Mütze auf dem Schädel“) und aktualisiert,
in ihren drastischen Kontrasten an Charles Baudelaire
erinnernd, lösten beim Publikum wahre Begeisterungsstürme
aus.
Beide Künstler trafen sich beim
badisch-englischen Blues um nächtens bettflüchtige Mädels,
der den Menschen die Tränen in die Augen trieb. Zum
Glück war die Festhalle proppenvoll und eng bestuhlt,
sonst wären die Zuhörer vor Lachen am Boden gelegen,
oder auf SMS-Deutsch: LoFL. War Gunzi Heils Puppennummer
mit „Äffle“ und „Pferdle“ schon nicht von schlechten
Eltern, so setze er dem Puppentheater mit seiner Reich-Ranicki-Parodie
die Krone auf. Gegenstand des kritischen Elaborats war
der Gemeindeanzeiger des Renndorfes im dem der Literaturpabst
bei bestem Willen kein bisschen Literatur entdecken
konnte. Hingegen werde zuhauf über Vereinsaktivitäten
berichtet, über welche allein schon die querliegende
Rotweinflasche im Ortswappen vor dem Männchen,
das nicht wisse, ob es nach rechts oder links umfallen
wolle, beredtes Zeugnis ablege.
Als hervorragender Beobachter
setzte Haralde Hurst kleine Alltagsdramen wortgewandt
in Szenen um, in denen sich die Zuhörer mühelos wiederfinden
konnten. Sei es bei der Gardinenpredigt an den Sohn,
in dessen Zimmer sich Aussehen und Gestank deckten oder
den neumodischen digitalen Ferienerinnerungsabenden,
in denen man sich ins kleine Computerzimmer drängeln
mußte, statt wie früher gemütlich auf der Wohnzimmercouch,
Urlaubsmitbringsel degustierend, Dias betrachten durfte.
Wobei Hursts zwiespältige Erinnerungen an Urlaubsfahrten
„über Land“ beisteuerte, in denen Beifahrer augenrollend
sich „'s Neischwätze“ verheben und Unterhosen hinterm
Oleanderbusch bei Perpignon zurückgelassen werden.
Beide Künstler trafen sich an
der Salatbar wieder, Harald Hurst mit seinem hart an
der Schmerzgrenze zustande gekommenen Kartoffelsalat
für die Fußballfreunde, von dem er mehr vom Rand her
kostete, waren doch mehr mittig die Spuren von Kater
Bertold glattzustreichen gewesen, während Gunzi Heil
am Klavier seinen Fünfte-Jahreszeit-Wurstsalat mit hohen
Wiedererkennungswert präsentierte.
Ein abendfüllender Gesundheitskurs,
bei dem die Zuschauer nur Hände, Zwerchfell und Lachmuskeln
bewegen mussten, aber dennoch kreuzfidel in der sommerliche
Frühlingsnacht nach Hause zogen.
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