|
Bleibt der Souverän vor der Tür, regiert
es sich ganz ungeniert.
Wieder einmal wurden im Iffezheimer
Rathaus die berechtigten Interessen des Volksouveräns
mit Füßen getreten. Am 11. Juni, einem schwülen Frühsommermontag,
diskutierte
der Rat das derzeit heißeste Eisen in Iffezheim,
die Ortskernsanierung mit den beiden Teilaspekten Rathauserweiterung
und altes Feuerwehrhaus. Der Volksouverän mußte mal
wieder da bleiben, wo er keinesfalls hingehört: vor
der Tür.
Sein elementares Recht zu wissen,
welche Positionen die von ihm gewählten Gemeinderäte
vertreten, wurde ihm einmal mehr verweigert. Er weiß
nicht, ob die anläßlich einer CDU-Veranstaltung entwickelten
Alternative, statt eines Rathausanbaues, das Rathaus
als Solitär mit dahinterliegenden Parkplätzen in seinem
wiederhergestellten Garten herauszuarbeiten, den Bedarf
an zusätzlichen Büroflächen durch die Umnutzung des
bestehenden Ratsaales zu befriedigen und letztendlich
den auch als Seniorentreffpunkt vorgesehenen multifunktionalen
Raum montags für Ratssitzungen zu nutzen, debattiert
wurde. Er weiß nicht, ob und welche weiteren Varianten
von den Ratsmitgliedern eingebracht wurden. Draußen
vor der Tür erfährt er das nicht.
Daß er es erfahren muß, schreibt
die Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg vor.
Der Paragraph 35 führt zur Öffentlichkeit von
Sitzungen aus,
|
§ 35
Öffentlichkeit der
Sitzungen
(1) Die Sitzungen
des Gemeinderats sind öffentlich. Nichtöffentlich
darf nur verhandelt werden, wenn es das
öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen
einzelner erfordern; über Gegenstände, bei
denen diese Voraussetzungen vorliegen, muß
nichtöffentlich verhandelt werden. Über
Anträge aus der Mitte des Gemeinderats,
einen Verhandlungsgegenstand entgegen der
Tagesordnung in öffentlicher oder nichtöffentlicher
Sitzung zu behandeln, wird in nichtöffentlicher
Sitzung beraten und entschieden. In nichtöffentlicher
Sitzung nach Satz 2 gefaßte Beschlüsse sind
nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit
oder, wenn dies ungeeignet ist, in der nächsten
öffentlichen Sitzung bekanntzugeben, sofern
nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte
Interessen einzelner entgegenstehen.
|
|
daß diese gegeben sein muß, wenn
nicht das öffentliche Wohl und berechtigte Interessen
Dritter dem entgegenstehen.
Das „öffentliche Wohl“ als Grund
können wir in diesem Zusammenhang getrost ausschließen,
denn weder im angedachten Rathausanbau, noch auf dem
Gelände des alten Feuerwehrhauses ist ein Atombomben
sicherer Luftschutzkeller geplant.
Berechtigte Interessen Dritter
wurden ebenfalls nicht tangiert, allenfalls das Interesse
des Bürgermeister, über Sinn oder Unsinn der Erweiterung
des Rathauses allein für sein neues, schmuckes Büro
nicht öffentlich zu diskutieren. Dies auch deshalb,
weil vor gar nicht so langer Zeit die Notwendigkeit
einer Erweiterung verneint wurde.
Seiner kruden Rechtsauffassung,
auf Grund des Fehlens eines vorberatenden Hauptausschusses
habe der Rat das Recht, nicht öffentlich vorzuberaten,
steht die Gemeindeordnung eindeutig entgegen. Für das
Organ Gemeinderat besteht die Möglichkeit einer nicht
öffentlichen Vorberatung grundsätzlich nicht.
Dereinst wird dann die erstaunte
Öffentlichkeit mit fertigen Modellen beglückt werden,
in deren Herstellung bereits so viele Haushaltsmittel
geflossen sind, daß es wie einst beim „Fahrradständer“
vermeintlich günstiger kommt, diese Modelle in die Realität
umzusetzen, als couragiert die Planung zu verwerfen.
Die normative Kraft des Faktischen ersetzt einmal mehr
den politischen Gestaltungswillen. Deshalb wird so etwas
hinter verschlossenen Türen abgewickelt.
|