Am Totensonntag Einsegnungshalle eingeweiht

Am Sonntag den 26.11.2000, welcher symbolträchtig mit dem evangelsichen Totensonntag und dem katholischen Christkönigsfest zusammenfiel, wurde die neue Aussegnungshalle eingeweiht und offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Die erste Aussegnung in der neuen Halle fand bereits am Freitag zuvor statt. Während der Beisetzung zeigte die Audioanlage noch einige Schwachstellen, welche aber bis zum offiziellen Akt behoben werden konnten. 
Der Kirchenchor umrahmte die Einweihungsfeier musikalisch. Nach der "Motette" von Matthias Claudius betonte Bürgermeister Himpel zu Beginn seiner Ansprache, eine Gemeinde begehe einen solchen Anlaß nicht in derart kurzem Abstand wie in Iffezheim. Aber gemäß dem vom früheren Bürgermeister Albin König anlässlich der Einweihung der alten Leichenhalle dargebrachten Zitat: "Willst Du etwas über die seeelische Verfassung eines Volkes erfahren, so besuche seine Friedhöfe", habe sich die Gemeinde entschlossen, einen neuen, zeitgemäßen Rahmen für würdevolle Verabschiedungen einzurichten. Die alte Halle habe den heutigen Anforderungen nicht mehr standgehalten. Wie der Bürgermeister weiter ausführte, werde gerade bei Trauerfeiern deutlich, daß Nichts auf Erden unendlich sei. Daher gelte es, Liebgewonnenes zu bewahren und deshalb seien vom Altbau einige Kleinigkeiten übernommen worden. So ziere der 1964 von dem Rastatter Künstler Gerhard Görner für 4 500  Mark geschaffene Engel auch die neue Halle. Die Drahtplastik halte die Erinnerung an das alte Gebäude aufrecht. 
Bürgermeister Himpel dankte allen am Bau Beteiligten für ihren Einsatz, welcher die kurze Bauzeit und Einhaltung des Kostenrahmens ermöglichte. Insgesamt belaufen sich die Baukosten auf  1,5 Millionen Mark, ein Betrag, welcher nach Einschätzung Himpels, für die Bürger, welche ihr Leben lang in Iffezheim gewohnt haben, angebracht sei.
Zum Abschluß seiner Rede dankte Bürgermeister Himpel dem Architekten Alwin Merkel für die ansprechende Architektur und die Bauleitung. Er habe sich einmal mehr mit seinem Stil in Iffezheim manifestiert.
Architekt Alwin Merkel dankte einerseits für den Auftrag und bedankte sich weiterhin bei den Handwerkern und der Gemeindeverwaltung für ihre Unterstützung. Ein sakrales Gebäude sei eine Herausforderung, da diese allgemein eine symetrische Grundform mit einer geometrischen Form als Mittelpunkt hätten. Er habe eine symetrische, gleichseitige Kreuzform gewählt, deren Enden die Hupferdächer an der einen, und die Sakristei an der anderen Seite bildeten. Die zentrale Kuppel solle mit ihrem Glasabschluß für eine helle, vom Tageslicht geprägte Athmosphäre sorgen. Dazu trügen auch die in blau und grau gehaltenen bunten Seitenfenster bei.
Pfarrer Winfried Asal betonte in seiner Rede, daß er und sein evangelischer Kollege Winkler nicht als Gäste und Zuhörer anwesend seien, sondern die Einsegnung vornehmen dürften. Die katholische Kirche kenne ca. 100 Segnungen. Alles, vom Wohnhaus über Banken bis zum landwirtschaftlichen Anwesen solle und könne Gottes Segen empfangen. Wie Asal interpretierte, bedeute "Benicidere", sich im Vertrauen auf Gott, an diesen um Schutz und Beistand zu wenden. Gerade am Ende des Lebens brauche der kranke, einsame Mensch die Zusicherung Gottes: "Ich lasse dich nicht allein". Auch den Angehörigen strecke Gott seine Hand entgegen: "Ich weiß um deine Not und spende Dir Trost". 
Nach Asal gebiete der christliche Glaube an das ewige Leben Achtung und Ehrfurcht vor den Toten, deren Seelen bei Gott weiterlebten. In diesem Sinne sei das einzuweihende Bauwerk, als Übergangsstätte zum ewigen Leben, eine würdige Aufbewahrungsstätte für die Toten bis diese dem Schoß der Erde übergeben würden.
Pfarrer Winkler las aus Johannes, 5: "Wer auf die Stimme Gottes höre, dem sei das ewige Leben gewiß." Pfarrer Winkler fand das von vielen als mangelhaft empfundene Zeltprovisorium  in seiner Symbolkraft nicht schlecht. Denn schließlich lebte das Volk Israel in Zelten, als es die zehn Gebote bekam. Die Bundeslade, in welchen die Steintafeln aufbewahrt wurden, habe ebenfalls in einem Zelt gestanden. Israel sei damals auf der Durchreise gewesen, so wie auch wir. Winkler fand das Zelt als Symbol des Abschiedes nicht unpassend. 
Laut Pfarrer Winkler kranke unsere Gesellschaft in ihrem Umgang mit dem Tot. Zum angemessenen Abschied gehöre eine ansprechende Baulichkeit. Die Athmosphäre lade zur Meditation ein und sei eine Hilfe, sich auf das Abschiednehmen einzulassen.
Die beiden Seelsorger nahmen gemeinsam die Einweihung vor. Nach den Fürbitten und dem gemeinsamen "Vater unser" beendete der Kirchenchor mit Louis Spohr's "Seelig sind die Toten" die Feierlichkeiten. Im Anschluß konnte die Bevölkerung die Einrichtung in Augenschein nehmen.
Die neue Halle wurde von März bis November 2000 nach den Plänen des Iffzer Architekten Alwin Merkel erstellt. Sie bietet im Innern Platz für jeweils 160 Sitz- und Stehplätze und im überdachten Außenbereich weiteren 200 Stehenden Schutz vor den Unbillen der Witterung. Ein weiterer Fortschritt ist die Fußbodenheizung der geschlossenen Halle, durch welche die Schnupfenepidemien nach Beerdigungen der Vergangenheit angehören dürften.
Die Halle enthält auf einer Grundfläche von 18 x 13,5 Metern weiterhin einen Bestatterraum, zwei Aufbewahrungsräume und drei Kühlzellen. Maximal können 7 Tote in den Räumlichkeiten gekühlt aufbewahrt werden. Der private Abschiedsraum bietet den Angehörigen Toter nichtchristlicher Konfessionen die Möglichkeit von ihren Lieben Abschied zu nehmen.
Die Beschallungsanlage wurde gegenüber früher durch einen CD- und Kasettenspieler ergänzt. Im Außenbereich wurden zusätzliche Lautsprecher installiert, damit alle der Trauerfeier folgen können. Nach bisheriger Rechnung liegen die Baukosten im Rahmen der Kostenschätzung von 1,07 Millionen Mark.
Die neue Leichenhalle ersetzt die 1963/64 erbaute Totenhalle, welche bereits für den Neubau weichen mußte. Während der Bauzeit wurden in einem Zeltprovisorium auf dem Parkplatz des Friedhofes 26 Aussegnungen vorgenommen. Die damalige Halle entstand nach den Planen des Niederbühler Architekten Emil Schmitt und wurde durch einheimische Handwerker errichtet. Sie besaß nur Stehplätze und war bei größeren Beerdigungen zu klein, so daß viele Trauernde Wind und Wetter ausgesetzt waren. Die alte Halle enthielt im Keller einen Raum, welcher für die Opfer von Katastrophen vorgesehen war, für deren Anzahl die drei Kabinen nicht ausgereicht hätten. Dies geschah wohl in Erinnerung an den Nikolaustag 1942, als bei dem einzigen Bombenabwurf auf Iffezheim 16 Einwohner ihr Leben verloren. 

Neue Aussegnungshalle (8)

Bestatterraum (8)

Kühlraum (8)

Abschiednehmen (8)

Engel von Gerhard Görner (1964)  (8)
 
 
 
 

 

Euer Kommentar an Matthias

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